Selbstverständnis / über RAUF!
Wir wollen ein Flensburg, das für alle zukunftsfähig und lebenswert ist. Wir wollen ein Flensburg, in dem gesellschaftlicher Wohlstand gerecht verteilt ist, sodass alle Menschen ein erfülltes Leben führen können. Wir wollen ein nachhaltiges, sicheres, lebendiges und gesundes Flensburg. Wir wollen ein Flensburg nach menschlichem Maß.
Recht auf Stadt – Flensburg
Wir denken: Jede*r Flensburger*in hat das Recht auf bezahlbaren Wohnraum, auf Zugang zu Grünflächen und Naturräumen, auf sichere, gesunde und umweltverträgliche Mobilität, auf Zentralität, auf Zugang zu den Orten des gesellschaftlichen Reichtums, auf Zugang zu den städtischen Infrastrukturen, auf Differenz, auf Nichtausschluss. Jede*r Flensburger*in hat auch das Recht auf das Wissen um die Flensburger Stadtentwicklung und auf Zugang zu den politischen Debatten über die künftigen Entwicklungspfade. Kurz: Jede*r Flensburger*in hat ein Recht auf Stadt.
Alltägliche Ausschlüsse
An vielen Stellen ist Flensburg weit entfernt davon, diese Rechte für alle zu verwirklichen. Rasant steigende Mieten und Aufwertungen verdrängen einkommensschwache Haushalte und prekäre Gewerbe aus ihren angestammten Quartieren. Autoverkehr lässt den Schulweg zum lebensgefährlichen Ritt werden, belastet vor allem die Menschen, die an Hauptverkehrsstraßen wohnen und selbst häufig gar kein Auto besitzen und beansprucht viel Fläche, die in der Stadt ohnehin knapp ist, Grünflächen existieren vor allem in privaten Gärten der Einfamilienhäuser und sind ungleich über die Stadtteile verteilt. Von den politischen Debatten sind viele Menschen allein aufgrund der Formate, der Orte und der Sprache ausgeschlossen. Dazu drängt sich immer wieder der Eindruck auf, dass ein dickes Portemonnaie jegliche artikulierte öffentliche Meinung überstimmt. Es ist uns wichtig, stadtpolitische Debatten auf Ungerechtigkeit, Diskriminierungs-, Macht- und Herrschaftsstrukturen zu lenken, die in den städtischen Raum eingeschrieben sind. Dabei steht für uns kontinuierliches gemeinsames Lernen im Mittelpunkt. Wir können nicht für andere sprechen, sondern verstehen uns als Verbündete anderer Initiativen, die sich bereits mit bestimmten Formen der Diskriminierung beschäftigen.
Flensburg für alle
Wir setzen uns für eine Zukunft ein, in der ein sozial gerechtes Miteinander und ein ökologisch nachhaltiger Stadtraum Wirklichkeit sind. Sozial gerecht bedeutet für uns, dass die Stadt von allen genutzt und gestaltet werden kann und niemand ausgeschlossen wird. Menschen sollen den gleichen Zugang zu allen Räumen und Angeboten in der Stadt haben, die sie für ein erfülltes Leben brauchen. Dafür muss die Gestaltung der Stadt uns, die Flensburger*innen, ins Zentrum stellen und allen Menschen eine ernsthafte und gleiche Möglichkeit zur Mitgestaltung geben. Eine Stadt für alle bedeutet auch, zukünftige Generationen und Menschen andernorts mitzudenken. Daher sind Klima- und Umweltschutz für uns unverhandelbar! Immer wieder werden soziale und ökologische Themen gegeneinander ausgespielt oder gleich Kapitalinteressen untergeordnet. Doch um ein gerechtes und nachhaltiges Flensburg zu gestalten, ist es notwendig das Ökologische und das Soziale zusammen zu denken.
Bündnisse schließen
Wir verstehen uns als vernetzendes Wurzelwerk im städtischen Wandel und als Katalysator für (sozial-ökologische) urbane Transformation von unten. Wir wollen nicht nur Bündnisse mit anderen lokalen Initiativen und überregionalen Netzwerken schließen. Wir wollen an die Schnittstelle von Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung. Wir wollen Debatten anstoßen und führen. Wir wollen nicht nur auf politische Entscheidungen reagieren, sondern aktiv Gegenentwürfe – reale Utopien – aufzeigen und leben. Wir wollen es mitgestalten, das Flensburg für alle, mit allen relevanten Akteur*innen.
Vielfältige und kreative Aktionen
Aktiv gestalten wir die Stadt mit, indem wir experimentieren und lernen, andere Menschen inspirieren und den Wandel vorstellbar machen. Wir formulieren gemeinsame Ziele, positive Bilder und Visionen der Zukunft und schaffen Begeisterung für demokratische Planung des Stadtraums, für öffentliche und unkommerzielle Räume für Begegnung und Austausch. Wir machen Informations- und Bildungsarbeit, Aktionen und (künstlerische) Interventionen im öffentlichen Raum. Damit zeigen wir auf, was im Alltag übersehen wird, irritieren, wo es notwendig ist, schaffen Wissen, wechseln Perspektiven und regen zum Denken, Träumen und Tun an. Unsere Arbeit soll Lust auf Veränderung machen. Wir wissen, wie wichtig Spaß, Freude und Schönheit bei diesem Prozess sind. Deshalb gehören auch Feste und Partys zu dem, was wir tun.
Offener Prozess
Um offen und anschlussfähig für neue Akteur*innen zu sein, soll dieses Selbstverständnis sich im Wandel befinden können. Dadurch können sich nicht nur weitere Menschen in unser Selbstverständnis einschreiben – auch wir bleiben dadurch stets offen für das, was wir im Prozess lernen. Denn wir sind uns bewusst, dass nicht alle Lösungen auf einmal gefunden oder gar erreicht werden können. Wir verfolgen kleine und große Ziele, lernen auf dem Weg dazu, und bewegen uns gemeinschaftlich in vielen kleinen, kreativen und kämpferischen Schritten auf unsere Vision einer gerechteren und lebenswerteren Stadt zu.
Stand: 16.03.2021
über Recht auf Stadt
Bei „Recht auf Stadt“ handelt es sich um eine dezentrale städtische soziale Bewegung, deren Forderungen und Aktivitäten sehr vielfältig sind. Ein gemeinsames Ziel ist die kollektive Wiederaneignung städtischen Raums durch und mit Gruppen, die bisher buchstäblich an den Rand gedrängt werden. Inhaltlich gehen viele Forderungen auf den Soziologen Henri Lefebvre zurück, der das „Recht auf die Stadt“ als ein „Recht auf Nichtausschluss“ von den Qualitäten urbanisierter Räume erdachte. Da dieses Recht auf Stadt nach wie vor nicht realisiert ist und durch Bitten auch nicht gewährt werden wird, ist es notwendig, es aktiv einzufordern. Es liegt an uns, die Stadt selbst zu verändern und zu gestalten. Dabei soll es sowohl um die konkreten physischen Orte gehen, als auch um die Verhältnisse und Praktiken, wie politische Debatten, die unsere Stadt formen.
Zur weiteren Auseinandersetzung mit dem „Recht auf Stadt“ möchten wir gerne auf einige von vielen Quellen verweisen, die von engagierten Menschen mit tollen Inhalten gefüllt wurden. Einen Überblicktext des Sozialwissenschaftlers Andrej Holm findet ihr hier. Wer lieber zuhört und zuschaut als zu lesen, kann sich hier ein Interview mit Andrej Holm zum Thema anschauen. Um über die Handlungsmöglichkeiten, Herausforderungen und strategischen Allianzen von städtischen Bewegungen in einer neoliberalisierenden Stadt nachzudenken, empfiehlt sich dieser Text der Stadtforscherin Magrit Mayer. Zuletzt findet ihr hier mit der Común eine Zeitschrift, in der Aktive Einblicke aus der Bewegung ermöglichen. Wir wünschen viel Inspiration.